Sonntag, 11. September 2016

Völkisch ist leider aus


So wie ich hier nun um acht Uhr morgens beim Frühstück sitze und mir die Schlagzeilen des heutigen und gestrigen Tages durchsehe, kommt mir der Gedanke, dass es Zeit wird, sich über dumme Menschen mal wieder so richtig auszukotzen. Frauke Petry sagt, den Begriff völkisch als rassistisch abzutun, sei eine unzulässige Verkürzung. Das, liebe Frau Petry, mag wohl sein. Könnte aber daran liegen, dass der Begriff völkisch an sich eine unzulässige Verkürzung ist. 
Und wer auch immer dafür wirbt, die Diversität tausender und abertausender Identitäten unter einem einzigen Begriff zusammenfassen zu können, hat noch nicht verstanden, dass Populismus und Schwarmintelligenz keine positiv belasteten Worte, und schon gar nicht wünschenswerte Zustände sind. Es ist völlig klar, dass es Ihnen gut in den Kram passen würde, wenn wir alle wieder dieselben graue Uniformen, grauen Meinungen, grauen Lebenseinstellungen, grauen Gesichter, grauen Persönlichkeiten und grauen Herzen hätten - aber so läufts nicht. Der Farbeimer der Unterdrückung war letztes Jahrhundert im Angebot, ist deswegen im Moment aus. Keine Ahnung, ob bald eine neue Lieferung kommt. Ich male solang in Regenbogenfarben. Bunt ist eh viel geiler. 

Sonntag, 26. Juni 2016

Ein paar Gedanken zu Würde und Ferdinand von Schirachs "Die Würde ist antastbar"



Würde. Ferdinand von Schirach hat Essays über Würde geschrieben. Die Würde ist antastbar, sie wird täglich angetastet, stellt er fest. Selbstbestimmung kommt in seinem Buch zur Sprache. 
Aber ist Würde denn gleich Selbstbestimmung? Oder ist Würde die eigene Wertschätzung gegenüber sich selbst? Ist es eine Mischung aus Beidem? Geht das Eine mit dem Anderen Hand in Hand? 
Und überhaupt, was ist Würde? Und wie tastet man sie an? Was soll dieser Würdebegriff bedeuten, mit dem alle um sich werfen wie mit Konfetti an Fasching?

Ich gebe zu, ich selbst habe mir bisher keine genaue Definition zurechtgelegt. Ich habe nie darüber nachgedacht. Heute will ich es tun.

Denn dieser Begriff ist ein abstrakter. Einer, dessen Grenzen verschwimmen. Und es ist vor allem ein Begriff, über dessen persönliches Verständnis sich die Wenigsten bereits ausführlich Gedanken gemacht haben. Kann man in diesem Fall überhaupt von einem großflächigen Konsens sprechen? Ist es nicht so, als würden wir behaupten, wir seien uns alle einig, dass die Fenstereckschraube ASSY 3.0-FES den Fensterbau revolutioniert habe?

Denn ja, jeder empfindet seine Würde anders, definiert sie anders, und ja, keiner weiß genau wie, weil er bisher selten im Begriff war, sie zu verlieren. Was wir für selbstverständlich halten, was wir für unanfechtbar und unangreifbar halten, hat in unseren Gedanken keinen Platz. Es ist einfach da. Bis es irgendwann nicht mehr da ist.

Tatsache ist, wir leben in einem Rechtsstaat. Wird die Würde eines Menschen angegriffen, so wird sie in die Waagschale geworfen. In der anderen Schale liegt eine Strafe, die gerade so schwer wie der Würdeangriff wiegen sollte, um die Verletzung wieder aufzuwiegen und das Gleichgewicht wiederherstellen zu können.

Dabei zahlt der Angreifer seinerseits mit einem Teil seiner Würde für das, was er seinem Opfer genommen hat. Für Vergewaltigung sind es bis zu fünfzehn Jahren Haft. Selbstbestimmung gegen Selbstbestimmung. Das Prinzip klingt fair.
Und unsere Gerichte sagen hoch der Preis ist. Gerade so viel, dass die Waagschalen wieder auf gleicher Höhe sind, und nicht so viel, dass den Täter über seinen Angriff hinaus seine Würde genommen werden würde. Das ist Gerechtgkeit.

Gerechtigkeit. Wieder ein abstrakter Begriff. Und es gibt so viele verschiedene, persönlich empfundene Definitionen. Selten sind sie bei einem Konflikt deckungsgleich. Irgendjemand bleibt seinem persönlichen Empfinden nach immer auf der Strecke. Entweder ist die Strafe nicht hoch genug, um die Würde wiederherzustellen, oder sie war zu hoch, um sie noch als angemessen anzunehmen. Gefühlte Gerechtigkeit und gefühlte Ungerechtigkeit.

Warum? Wahrscheinlich, weil jeder seine Würde über die des Anderen stellt. Und wenn einem Unrecht geschieht, ist es schwer objektiv zu bleiben. Es ist geradezu unmöglich. Daher rührt vielleicht der uralte Wunsch nach Rache. Nach Vergeltung. Auge um Auge. Zahn um Zahn. - Das ist eine Lüge. Es war schon immer ein Auge um zwei Augen, ein Zahn um zwei Zähne. Unser Auge ist uns immer wertvoller als das des Anderen. Die Vergeltung fällt meistens höher aus, als das erste Verbrechen, als die erste Würdeverletzung. Was wiederum eine noch größere Rache von der anderen Seite auf den Plan ruft. Und dann noch eine höhere. Und noch höhere. Und so schaukelt es sich hoch, bis alle tot sind. So endet Anarchie.

Nicht umsonst versuchen die Denker und Philosophen diesen Kreis zu durchbrechen. Halt die andere Wange hin, heißt es in der Bibel. Viele verstehen die zweite Wange als Opfer. Als einen Akt der gütigen Selbstopferung zugunsten eines Friedens. So würde der Kreis der gegenseitigen Verletzungen durchbrochen, denken sie. Aber warum sollte man sich noch ein zweites Mal, warum sollte man sich freiwillig doppelt demütigen lassen? Vielleicht ist es aber keine doppelte Demütigung. Vielleicht ist es noch nicht einmal eine gütige Selbstopferung, um den Kreis zu durchbrechen. Ein Angriff, eine negative Aktion gegen einen Anderen, verschwindet nicht einfach. Schon gar nicht, wenn darauf eine Reaktion folgt - und sei es eine positive. Solange man den Angriff nicht als Demütigung, als Verletzung seiner Würde, akzeptiert, solange man daher bereitwillig auch deine zweite Wange hinhält, ist der Angriff da. Er ist nicht aus der Welt. Er kehrt um und der Angreifer demütigt sich selbst. Oder demütigt das Opfer ihn etwa sogar? Ist das Opfer der passiv Demütigende, indem es den Angreifer dazu bringt, sich selbst zu demütigen? Ist die andere Wange hinhalten, Rache für Fortgeschrittene? Wo ist das Ende dieses verdammten Kreises?

Vielleicht ist dort das Ende, wo wir die Demütigung und die Verletzung der Selbstbestimmung über unsere Versehrtheit hinnehmen. Wo wir unseren Frieden mit ihr machen und sie verzeihen. Denn Vergebung kann ein Weg sein, seine eigene Würde wiederherzustellen und sie auch zu erhalten. Aber Vergebung ist so ein pathetisches Wort. Ich kann es nicht leiden. Es klingt nach Kirche. Es klingt nach Weltfrieden. Es klingt nach dem verzweifelten Versuch leeren Worten Bedeutung einzuprügeln.  Aber hier, an dieser Stelle, kann ich kein anderes Wort finden. Hier ist Vergebung wichtig, hier ist sie von Bedeutung. Viele verstehen erst zu spät, dass sie durch die Verletzung der Würde eines Anderen oder die übermäßige Vergeltung, im Grunde nur die eigene Würde angegreifen. Wenn wir selbst ungerecht handeln und Mitmenschen verletzen, dann setzen wir uns selbst herab. Wir nehmen uns selbst die Würde. Das können wir verdrängen, aber manchmal holt es uns eben doch ein. Und dann reuen wir. Wir reuen und wollen Wiedergutmachung leisten. Vielleicht ist das der uralte Wunsch nach Harmonie. Vielleicht tragen wir von Grund auf ein Gerechtigkeitsempfinden in uns, aus dem wir uns selbst nicht ausschließen können. Vielleicht gibt es noch tausend weitere Gründe Reue zu empfinden.

Aber was, wenn es zu spät ist, wenn uns die Erkenntnis schließlich einholt? Diese Reue, die uns uns selbst hassen lässt. Und was, wenn das, was wir taten nicht wiedergutzumachen ist? Wir können nur versuchen Wiedergutmachung zu leisten. Wir können nur versuchen wieder soviel zurückzugeben, wieviel wir genommen haben. Aber was ist, wenn wir alles genommen haben? Dann müssen wir alles geben. Was ist alles? Wir selbst. Und der Kreis ist durchbrochen.

Aber soweit soll es nicht kommen müssen. Es ist ganz gut, dass die Selbstjustiz nicht mehr herrscht, dass der Staat, ein Organ, diese Aufgaben der Aufwiegung von Schuld und Würde für uns übernimmt und wir nicht in diesen nicht enden wollenden Kreisläufen landen. Bis endlich alle tot sind oder sich endlich einer dazu bewogen hat, zu vergeben.

Deswegen ist das Gericht wichtig. Deswegen ist die Staatsanwaltschaft wichtig. Deswegen ist die Exekutive wichtig. Deswegen ist deren Neutralität wichtig. Und deswegen sind Andere wichtig, die darauf ein Auge haben. Die den Finger in die Wunde legen, wenn sie da ist. Und von Schirach hat recht, wenn er sagt, ein Staatsanwalt habe sich in der Presse nicht zu profilieren. Eine staatliche Position muss sich nicht profilieren. Sie hat ein Profil. Und die Person dahinter hat es auszufüllen.

Denn damit das ganze Konstrukt aufgeht, müssen wir an die Staatsorgane, an den Staat und seine Vertreter glauben. Daran, dass sie neutral und gerecht sind und dass die Gesetze, nach denen sie richten, gerecht sind. Ansonsten begeben wir unsere Würde nicht in seine Hände. Ansonsten übernehmen wir die Justiz wieder selbst. Und alles geht von vorne los.

Aber wo liegt nun die Verletzung der Würde des Menschen vor? Dort, wo uns das Recht auf Selbstbestimmung genommen wird? In jeglicher Hinsicht? Körperlicher, sexueller, politischer, geistiger...? Zurück zu von Schirach. Ist die Würde des Menschen, wie in seinem Buch, schon dort angegriffen, wo ihm zum Beispiel eine öffentliche Verleumdung wiederfährt, oder erst, wenn er zulässt, dass diese Verleumdung ihn verletzt und herabsetzt - erst, wenn er diese Verleumdung als eine solche akzeptiert? Ist sie ihm schon genommen, wenn jemand für ihn entscheidet Nichtraucher sein zu müssen, oder erst, wenn er sich dadurch persönlich eingeschränkt, verletzt oder ungleich behandelt fühlt?

Was die Frage nach dem Rauchverbot in Deutschland angeht, so ist zumindest die Selbstbestimmung des Rauchers damit beschränkt worden. Solange ihm alle Mittel zu einer umfangreichen Informationsbeschaffung zur Verfügung stehen und er die Möglichkeit hat, sich nach einer freiwilligen Recherche bewusst für oder gegen das Rauchen zu entscheiden, ist es perönliche Sache des Einzelnen sich nach seinem Ermessen zu Grunde zu richten oder nicht. Man kann auf den ersten Blick also dem Autor zustimmen, wenn er bemängelt, dass der Staat sich eine bevormundende Rolle herausnimmt. Was von Schirach aber vergisst zu erwähnen, ist die andere Seite: Wird dem im Restaurant sitzenden Nichtraucher nicht ebenfalls seine Selbstbestimmung genommen, wenn er gezwungen wird, passiv zu rauchen?

Warum glaubt von Schirach außerdem, bezüglich des Feminismus sei eine staatliche Reglementierung durch eine Frauenquote vertretbar, bezüglich der Raucher aber nicht? Der Vergleich hinkt nur auf den ersten Blick. Eine Frau zu sein sucht man sich nicht aus, zu rauchen schon. Aber nicht zu rauchen sucht man sich ebensowenig aus. Man wird als Nichtraucher geboren. Das ist Status Null. Soll man nun der Wahrung der Selbstbestimmung der Minderheit an freiwilligen Rauchern wegen, nun gezwungen werden, Passivraucher zu sein? Und was ist mit denjenigen Rauchern, dennen es nichts ausmacht, das Rauchen in Gastronomiebetrieben sein zu lassen? Die sich dadurch nicht in ihrer Selbstbestimmung eingeschränkt fühlen?

Kann denn die Würde des Menschen angetastet werden, ohne dass er es so empfindet oder ohne, dass es ihm bewusst ist? Geht das? Kann dann jemand anders für ihn entscheiden, ob und in welchem Ausmaß seine Würde angetastet worden ist? Ist es mit der Würde vielleicht wie mit der Scham? Wenn der Betroffene sich nicht selbst schämt, schämt sich ein Anderer für ihn? Und wenn er seine Würde nicht als angetastet empfindet, dann fühlt sie jemand Anders für ihn angetastet? Ist das gut? Ist das in Ordnung? Kann er nicht selbst entscheiden, selbst bestimmen, ob er seine Würde als angetastet empfindet? Kann er nicht selbst bestimmen, ob er die Antastung hinnimmt? Kann er nicht selbst bestimmen, ob er die Antastung vergibt?

Ich glaube, die Würde des Menschen ist nur dort antastbar, wo er sie antasten lässt. Aber wie könnte man von einem Individuum auf eine Gesellschaft schließen? Wie könnte man einer Masse von Individuen durch eine einheitliche Definition, gerecht werden?

Wo ist das verdammte Ende dieses verdammten Kreises?

Freitag, 15. Mai 2015

Was sich nicht irrt, ist nicht menschlich

Wie ich es bereits vorhergesagt hatte, konnte ich trotz meiner herben Enttäuschung und Langeweile nicht von "Wo die wilden Maden graben" ablassen. Zum einen aus meinem psychisch sehr bedenklichen Wunsch nach Vollständigkeit, zum anderen aus der Hoffnung heraus mein Jugendheld würde am Ende doch noch die Kurve kriegen. Und das hat er - wenn auch in Schneckentempo und mit eher mäßiger Geschmeidigkeit.
Vielleicht sind meine Sinne aber auch nur verklärt von dieser altersbedingten Melancholie, die einen ergreift, wenn man sich an "die gute alte Zeit" erinnert fühlt. Wenn der Protagonist von Punkmusik aus Überzeugung erzählt und von seiner ewigen Rebellion gegen die Kleingeistigkeit. Und wenn diese mittlemäßige Nacherzählung eines Männertrips mit einem Feuerwerk von Momenten aus der "guten alten Zeit" beendet wird. Ja dann klickt man auf youtube nochmal die alten Videos von Muff Potter an und fühlt sich wieder wie fünfzehn. Als man noch der vollsten Überzeugung war, man könnte mit Hass, Idealismus und der richtigen Musik Mauern einreißen. Und man steht vor dem Spiegel und denk sich "Ja, warum eigentlich nicht?" Und krempelt die Ärmel hoch und schreibt einen Blogeintrag darüber.

Die gute alte Zeit bleibt für immer in meinem Kleiderschrank erhalten.

Dienstag, 12. Mai 2015

Die wilden Maden graben in meiner Intelligenz

Ich habe gerade mein Buch weggelegt. Stattdessen schreibe ich. Warum? Weil mir im Vergleich zum Lesen jenes Buches plötzlich alles sinnvoller erschien. Wäre das Bad nicht von meinem Mitbewohner besetzt gewesen, der sich wieder einmal eine ausgiebeige Nasenhaartrimmsession gönnte, wäre ich mal richtig schön lang aufs Klo gegangen, um etwas sinnvolleres zu machen als mir diese Literatur zu Gemüte zu führen, die mich jetzt halb gelesen von meinem Bett aus anstarrt. Ich starre zurück.
Selbst weggelegt verfolgt mich diese Ansammlung von Worten noch und ich weiß leider, dass wenn ich diesen Post beendet habe, meine Einkäufe erledigt, mein Zimmer geputzt und vielleicht sogar die lange Toilettensitzung hinter mich gebracht habe, das Buch wieder seinen Weg in meine Hände finden wird. Der Zwang Dinge nicht unvollendet liegen lassen zu können erweist sich wieder einmal als nervtötender Begleiter. Denn das Einzige worauf er sich offensichtlich nicht ausdehnt, ist mein Studium. Na danke auch. Dafür habe ich jetzt unzählige beschissene Bücher und Filme und - ich wage es kaum zu schreiben - DIYs irgendwelcher youtuber auf meiner Festplatte. Komm schon, frag mich wie man eine geometrische Gitterbox zum Aufbewahren von Kakteen baut! Oder seine Schminksammlung besonders effektiv nach Farben, Marken und Häufigkeit des Gebrauchs sortiert! Oder eine vorzügliche Proteinmahlzeit in Form eines Geflügel-Hackigels zaubert!
Ich habe keine Kakteen. Ich schmeiße meine Schminke in eine Schublade. Und ich bin Vegetarier. Aber dank "Wo die wilden Maden graben" von Nagel weiß ich wenigstens wieder, dass es da draußen noch weitaus beschissenere Autoren gibt als mich. Positive thinking... war n tolles Motivationsvideo.


Mittwoch, 22. Januar 2014

Lügen des Lebens, Nr. 2: Man ist so alt wie man sich fühlt.

Du bist älter als du dich fühlst, wenn
... du voll kindlichem Elan den Spielplatz rockst - und dabei in der Rutsche stecken bleibst.
... du im Gespräch mit Jüngeren Swaghetti Yolonese sagst - und jeder dich entgeistert anschaut.
... du eine Mini Shorts anziehst - und keiner der Bauarbeiter pfeift.
... du supersportlich Treppen läufst, wenn andere Aufzug fahren - und diese dann eine halbe Stunde auf dich warten müssen.
... du bei Douglas nach einer jungen Hautpflege fragst - und man dir eine verjüngende Anti-Age Creme in die Hand drückt.
... du dir eine neue hippe Frisur machen lassen willst - und einen Kurzhaarschnitt mit bunten Akzentsträhnchen verpasst bekommst.
...

Du bist jünger als du dich fühlst, wenn
... du Pärchenabende veranstaltest, zu denen keiner keiner kommt - weil alle deine Freunde Single sind.
... du nicht mehr unter der Woche ausgehst - auch nicht mit deinen Kommilitonen.
... du nach Weinsorten fragst - und der Bierzeltkellner dir den Vogel zeigt.
... du einen Star parodierst - und keiner weiß, wer das ist.
... du auf "Wie geht es dir?" mit hundert verschiedenen Wehwechen antwortest - von denen keines Altersweitsichtigkeit, Arthrose oder Blasenschwäche ist.
...

Wieder auf dem Spielplatz rumgetobt???

Freitag, 10. Januar 2014

Lügen des Lebens, Nr.1: Dumme Fragen gibt es nicht.

Als heute meine Freundin in unserem gemeinsamen Oberseminar nach der Präsentation in die Runde blickte und den berühmt berüchtigten Satz "Gibt es noch Fragen?" aussprach, musste ich intuitiv wütend schnaufen. Schon während des Vortrags hatte ein dünner, bis in die Fingerspitzen zum Brett angespannter Arm vor meiner Nase wie wild herumgewunken und um Aufmerksamkeit gebuhlt. Dieser Dreistigkeit in Person hatte man es offensichtlich versäumt mitzuteilen, dass Fragen erst am Ende der Lecture gestellt werden. Oder in seinem speziellen Fall: am Besten gar nicht. 

Wäre Dummheit Asphalt, hätte man mit seiner Frage das komplette Autobahnnetz sanieren können. Ich zuckte regelrecht vor Schreck zusammen als er seinen Satz beendet hatte. Ein Blick in den Vortragssaal sagte mir, dass es nicht nur mir so ging. Sogar meine Dozentin war völlig perplex. Meine Freundin starrte den dreisten Armstrecker mit immerwieder wechselnden Gesichtsausdrücken an. Sie verrieten ungemein, wie ihr Hirn im Kreis rotierte und sich nicht entscheiden konnte, ob das nun sein voller Ernst war oder er sich nur unverhohlen über sie lustig machen wollte. Sein vor Selbstsicherheit strotzendes Gesicht ließ Ersteres ausschließen.

Ich wünschte, ich hätte damit Recht behalten. 



Samstag, 14. Dezember 2013

Evil Ich.

Mein Mitbewohner hat ein Problem. Mich.

Ich komme nämlich nicht umhin ihm ständig auf den Geist zu gehen. Kaum ist er unter die Dusche gesprungen, hämmere ich ihn auch schon zwanzig Minuten später aus dem Bad. Wenn das Klopapier mal fehlt, muss er immer Tage lang warten bis ich mal neues gekauft habe. Außerdem reiße ich dauernd das Fenster auf, nachdem er das Bad verlassen hat. Und bei seinem winzigkleinen Schuhschrank, den er in den Flur vor seiner Tür geparkt hat, kriege ich das große Augenrollen. Vor allem nerve ich, wenn ich mal morgens um zwölf meinen Putzfimmel ausleben muss und den gemeinsamen Flur sauge.

Das Beste war, als er sich letztens mit seinen Freunden nach dem Clubbing eine Shisha anzünden wollte und nur mal die Kohle auf unserem Herd angefeuert hat und ich so dermaßen ausgeflippt bin. Die Herdplatte brennt doch nicht gleich, nur weil die Kohle darauf schon Flammen schlägt. Deswegen muss er auch nicht daneben stehen und die Sache bewachen, sondern kann doch währenddessen ruhig wieder mit seinen Kumpels einen heben gehen. Da muss ich echt nicht so n Terz machen. Aber er will ja keinen Streit und hat eingelenkt. Seitdem feuert seine Kohle auf einem Bunsenbrenner in unserem Flur an. Hat was von nem gemütlichen Lagerfeuer im Haus, da haben wir doch beide was von.

Evil Ich.

Dienstag, 26. November 2013

Zu mir oder zu dir, liebe Kerze?

Schon klar, es wird früher dunkel, die Temperaturen sind im Keller und die Weihnachtszeit rückt näher. Die innere Jahresuhr sagt uns also: Es ist Zeit besinnlich zu werden und das heißt in einem Wort: Kuschelzeit. Und wenn man eben niemanden zum Kuscheln hat, dann muss man wohl mit sich selbst Vorlieb nehmen. 
 
So war auch mein Plan. Denn so sehr ich mich gegen dieses vorvorvorweihnachtliche Gesülze gewehrt habe, das einem aus der Deko-Abteilung jedes Kaufhauses schon seit Wochen entgegenspringt und von so einigen Leuten aus dem Umfeld auch schon vorgelebt wird (Typ "Ich esse auch schon im Oktober Lebkuchen.“) – ich konnte nicht entkommen.

Nachdem ich also die ersten Lebkuchen dieses Jahres gekauft, mir einen Gewürztee aufgesetzt und nach Zimt riechende Duftkerzen entlang meines Fensterbretts aufgestellt hatte, kuschelte ich mich mit meinem Winterschlafanzug unter die Bettdecke und gönnte mir ein wenig romantische Zeit mit mir und einem guten Buch (ja, ich hasse mich selbst für diese Floskel). 

Da auf dieses hochromantische mindfucking Vorspiel aber leider keine action folgte, übersprang ich diesen wichtigen Teil und pennte gleich ein. Als ich aufwachte, fiel mir erst mal ein Stein vom Herzen, dass ich überhaupt aufgewacht war und nicht verkohlt inmitten der Brandtrümmer meines ehemaligen Hauses lag. Da fiel mein Blick auf eine besonders fette Kerze, die sich partout geweigert hatte wie eine gewöhnliche Kerze herunterzubrennen und stattdessen einen fetten Wachswulst um die heruntergebrannte Mitte gebildet hatte. Und dieser Wachswulst schmolz. Er schmolz auf meine Fensterbank. Er schmolz von meiner Fensterbank auf die Heizung. Und er schmolz verdammt nochmal von der Fensterbank auf mein Bett. In hellster Aufregung die Kerze anzubrüllen war meine erste nicht gerade wirkungsvolle Reaktion, denn es tat sich – Überraschung! – nichts. 

Ich als Neuling in der romantischen Kerzen-Szene wusste mir danach aber auch nicht besser zu helfen als das Teil auszupusten und in höchster Panik von der Fensterbank zu nehmen. Natürlich schwappte jetzt das komplette flüssige Innere auch noch auf meinen Parkettboden. So eine explosive Wut hat mich schon seit Langem nicht mehr gepackt. Ich könnte schwören, ich habe geknurrt als ich die blöde Kerze – nun furztrocken weil ja in meinem Zimmer verteilt – rücklings in den Mülleimer gepfeffert habe. 

Jetzt weiß ich immerhin wie man Kerzenwachs aus allen möglichen Materialien entfernt: Mit dem Messer, Eiswürfeln, Zewa und einem Bügeleisen. Den Fettfleck von meinem Bettlaken habe ich allerdings selbst damit nicht abbekommen. Er sieht aus als hätte ich eine romantische Zeit gehabt. Tja. So kann man sich täuschen. 

#fuckromance

Freitag, 22. November 2013

Die Kunst sich peinlich wehzutun ist eine hohe Kunst.

Es gibt so einige die behaupten sie wären die größten Tollpatsche der Welt. Aber ich kann es beweisen!

Vergangenes Wochenende feierte ich unbeschwert in meinen Geburstag hinein. Und weil ich einfach die besten Ideen habe, dachte ich mir, ich mache mir im Anschluss noch eine Brühe. Jeder fragt sich nun, warum zum Teufel leert man sich am Ende eines feucht-fröhlichen Abends noch eine Brühe rein? - Aber dafür habe ich eine Erklärung: Es kommt noch ne Maultasche rein.

Das macht satt, balanciert den Flüssigkeitshaushalt wieder aus und gibt dem Körper die Salze zurück, die er verloren hat oder am berüchtigten Tag danach noch verlieren wird. So zumindest meine laienhafte Theorie.

Ich hatte also unseren vorsteinzeitlichen Wasserkocher angeworfen und er blubberte und wackelte schon verdächtig, da fiel mir auf, dass ich doch noch meinen Laptop aus der Steckdose hinter dem Wasserkocher ziehen muss. Und natürlich musste ich das just in diesem Augenblick machen. Die Dringlichkeit war einfach erdrückend. Was wäre nur passiert, wenn ich nicht gewartet hätte bis das Wasser ausgekocht hat? Ich hätte mich nicht verbrannt, das wäre passiert. 

Denn idiotisch wie ich nun mal bin hielt ich genau im richtigen Moment meinen Arm über den Wasserkocher, nicht etwa außenrum, was durchaus möglich gewesen wäre, und verkohlte mir aber so was von den Unterarm am Wasserdampf, dass selbst mein benebeltes Ich heulen musste.

Das ist nun sechs Tage her. Mein Arm sieht aus, als hätte sich ein Feuerteufel daran ausprobiert. Manchmal, wenn mich die Leute mitleidvoll ansehen bringe ich es nicht übers Herz die wahre Geschichte zu erzählen. Gasherd und so. Kennt man ja. Gefährlich.

AUAUAUAU!!!

Dienstag, 19. November 2013

Wie ich Justin Bieber um seine Einnahmen und mich um den Verstand brachte...

Ich habe so einige Schwächen. Das Schlimme an ihnen ist, dass sie mich einiges an Geld kosten. Denn natürlich kann ich mich nicht besonders fürs Wandern, Dichten oder Steine sammeln erwärmen. Meine liebsten Freizeitbeschäftigungen haben eher etwas mit Make-Up, Schuhen und Handtaschen zu tun. Und Trinken. Aber davon ein andermal. 

Jedenfalls war heute die erste Anlaufstelle nach der Uni, wie so oft: ein Drogeriemarkt. Natürlich nicht, um dort etwas zu kaufen, nein, nur, um die Fotos meiner Werbegeschenk-Einmal-Kamera entwickeln zu lassen - ja, so arm bin ich. Aber für Schminke reichts. Offensichtlich. Denn ich ertappte mich wieder einmal vor den Ständern diverser Make-Up-Marken herumzulungern und verschiedene Lidschatten auf meinem Handrücken zu verschmieren. Fast so, als könnte ich sie mir leisten. 

Erstaunlicherweise waren einige Sachen reduziert und ich griff nach etwas, was aussah als könnte ich es gebrauchen. Einen Euro fünfundsiebzig für einen Highlighter, da kann man ja nichts falsch machen, dachte ich instinktiv und nahm ihn mit. Damit war das Eis auch schon gebrochen. Jetzt brauchte ich natürlich noch eine neue Haarbürste und Kerzen und hey, ich wollte mir doch auch noch so einen Bio-Tee kaufen! 

Weil ich mir ja noch selbst vorgemacht hatte, ich würde nur Fotos entwickeln lassen wollen, hatte ich keinen Korb mit und trug meine Beute, ganz nach dem Höhlenmenschen-Sammler-Schema, dem ich in diesem Moment definitiv mehr als nur nahe kam, in meinen Armen herum. Irgendwie erschien mir das jedoch dann doch zu viel. Etwas musste weg. Ich scheiße ja auch kein Geld. Muss der Highlighter sein? Na schauen wir doch mal... nach einer Probe auf meinem fast schon zugekleisterten Handrücken stellte sich heraus: Nein, der muss nicht nur nicht sein, der darf noch nicht mal sein. Dass so ein Produkt überhaupt existierte, war schon ein Verbrechen. Bröckelig. Matt. Viel zu weiß. Kroch in die Falten als wäre das ne olympische Disziplin. Eben alles, was ein Highlighter nicht sein darf. Es musste ja einen Grund geben, warum er reduziert wurde... oder eben auch Hundert... 

Ich entschied mich mein finanzielles Gewissen zu erleichtern und ihn nicht mitzunehmen. Damit hatte ich ja auch wirklich Geld gespart dann. Zehn Euro für Tee ausgegeben, aber die eins fünfundsiebzig weniger, die haben den Kohl natürlich wieder fett gemacht. Am besten verarscht man sich doch immer noch selbst. 

Mit Stolz geschwellter Brust - ich hatte immerhin eins fünfundsiebzig gespart! - ging ich aus dem Laden heraus und wollte nach der Uhrzeit sehen, da merkte ich, dass ich den Highlighter noch immer in meiner Hand hielt. Mein Gesicht hätte ich in jenem Moment zu gerne gesehen. Es musste etwas von Panikattacke und Schlaganfall gewesen sein. Ich blieb wie angewurzelt stehen. Zurückgehen oder es wirft sich gleich ein Sicherheitsbeamter mit Gebrüll auf mich, dachte ich. Aber nachdem ich mir vorgestellt hatte wie das Gesicht der Verkäuferin aussehen würde, wenn ich kommende Woche meine Fotos abholen würde, nachdem ich zuvor versucht hatte ein sagenlos schreckliches Produkt im Wert von einem Euro fünfundsiebzig zu stehlen, entschied ich mich das Risiko der Security-Attacke auf mich zu nehmen. Dann würde ich die Fotos eben nicht abholen. Schon wieder sechs Euro gespart!

Ich wartete. Und wartete. Und hatte den Eindruck ich würde gleich einen Herzkollaps erleiden. Aber nichts geschah. Herrgottarschundzwirndemhimmelseidank.

Als die Adrenalinparty endlich vorbei war und mein schlechtes Gewissen sich passenderweise ebenfalls verflüchtigt hatte, schaute ich mir mein Diebesgut nochmal genau an. Vielleicht war es ja doch nicht so schlecht. Für umsonst... 

Und da sah ich es. Die schwarze schnörkelige Schrift unter dem roten Preisetikett: Ich hatte einen Highlighter-Puder aus der Justin Bieber-Kollektion geklaut. Mein Schock war so groß, ich hätte das Teil beinahe in die Ecke der Bahn gepfeffert und laut gefaucht. Und das Zeug war noch nicht mal gut! Ich - erwachsene Frau - hatte furchtbare reduzierte Teenie-Schminke von Justin Bieber aus einem Drogeriemarkt geklaut! Und die Farbe war... O MEIN GOTT DIE FARBE HIESS AUCH NOCH SWAAAAG!!! Mein Schamgefühl erreichte in Millisekundenschnelle den Lava-Erdkern meines Gewissens. Ich fühlte mich, als müsste ich mich bei der ganzen Welt entschuldigen und erbrechen gleichzeitig. Ich entledigte mich meiner illegalen Beute noch an der Haltestelle.

Was zur Hölle auch immer mir mein Unterbewusstsein damit sagen wollte - ich mache jetzt erst mal einen Bogen um alle Drogeriemärkte. Das Trauma ist zu groß.


P.S.: In meinen Albträumen läuft die ganze Sache auf der Sicherheitskamera und die Security denkt sich nur: "Alter. Ist die Alte behindert. Die klaut echt was von Justin Bieber. Viel Spaß damit. Du Eule." Und lacht sich halbtot. ...Horror.

Das schicksalshafte JB-Diebesgut.